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The end is nigh? Die nahe Zukunft ist längst schon wieder Vergangenheit

Near-Fi-Serien sind derzeit im Trend - aber waren sie das nicht schon gestern? Unser Überblick zeigt, dass bereits Vergangenheit und Gegenwart großartige Serien bieten, die in der nahen Zukunft spielen.

Nicht erst auf den Berlinale Series Days wurde sie zum nächsten großen „Ding“ im Seriengeschäft ausgerufen: Die nahe Zukunft, kurz Near-Fi oder Near Fiction, die uns auf erstaunlich plausible Art und Weise einen Blick auf unser möglicherweise unmittelbares Schicksal erlaubt. Ob skandinavische Abschottungs-Szenarien („Arkitekten“, „The Fortress“), Klimakatastrophe („Der Schwarm“, „Extrapolations“) oder künstliche Intelligenz (“Tender Hearts“, ab 07.04. auf Sky), der jeweilige Sprung zwischen Spekulation und Prophetie scheint immer kleiner zu werden. Das demonstriert auch unser kleiner Blick zurück, der aufzeigt, dass die Zukunft auch gestern schon nahe am Heute und Morgen war.

NEAR-FUTURE SERIEN IM ÜBERBLICK

THE TWILIGHT ZONE (USA, 2019)

Wo: RTL+
Wer: Jordan Peele (Schöpfer), Adam Scott, Steven Yuen, John Chow, Rhea Seehorn, Seth Rogen (Darsteller*innen)
Was: Neuauflage der ursprünglich 1959 von Rod Serling ersonnenen Anthologie-Serie, die schon vor über 60 Jahren gewusst hat, wie die Welten von Morgen aussehen könnten.
Warum: Weil wir uns seit spätestens 2020 eigentlich ununterbrochen so fühlen, als seien wir versehentlich in Dimensionen jenseits unserer Vorstellungskraft gelandet.

BLACK MIRROR (UK, 2011 - )

Wo: Netflix 
Wer: Charlie Brooker (Schöpfer), Miley Cyrus, Andrew Scott, Anthony Mackie, Andrea Riseborough (Darsteller*innen)
Was: So etwas wie das britische Pedant zur „Twilight Zone“, mit welcher der scharfzüngige Kritiker Charlie Brooker zunächst bei Channel 4 und schließlich bei Netflix Cassandra spielen durfte.
Warum: Weil „Black Mirror“ über einen unglaublichen Track-Record in Sachen eingetroffene Vorhersagen verfügt und damit fast schon den „Simpsons“ Konkurrenz macht.

YEARS & YEARS (UK, 2019)

Wo: Prime Video, Apple TV, Google TV (kostenpflichtig)
Wer: Russel T. Davies (Schöpfer), Rory Kinnear, Emma Thompson, Lydia West (Darsteller*innen)
Was: Die Verknüpfung von Familiendrama und Zeitgeschichte, die sich ausnahmsweise in unserer unmittelbaren Zukunft abspielt.
Warum: Weil es Showrunner Davies vor allem zu Beginn gelingt, Brexit, Trump, Klimakatastrophe und Flüchtlingskrise zu einer Katastrophe zu verdichten, deren Auswirkungen wahrhaft furchteinflößend (und doch so nah) wirken.

REAL HUMANS – ECHTE MENSCHEN (SWE, 2012-2014)

Wo: arte
Wer: Lars Lundström (Schöpfer), Andreas Wilson, Lisette Pagler (Darsteller)
Was: ChatGPT weitergedacht: In unserer unmittelbaren Zukunft gehören Roboter mit künstlicher Intelligenz zu unserem Alltag – und streben nach einem selbstbestimmten Leben.
Warum: Weil hier Roboter nicht nur von Schafen träumen dürfen, sondern ganz aktiv darum kämpfen, als Teil der Gesellschaft anerkannt zu werden.

PHILIP K. DICK’S ELECTRIC DREAMS (UK, 2017)  

Wo: Amazon Prime
Wer: Ronald D. Moore (Schöpfer), Richard Madden, Benedict Wong, Geraldine Chaplin (Darsteller*innen)
Was: Der Versuch von Amazon, basierend auf Science-Fiction-Übervater Philip K. Dick ein eigenes „Black Mirror“-Universum zu etablieren.
Warum: Weil insbesondere die Kurzgeschichten von Dick seit rund 70 Jahren unsere Fantasie, die Showrunner und wahrscheinlich auch die Zukunft beflügeln.

WESTWORLD (2016-2022)

Wo: Sky
Wer: Jonathan Nolan, Lisa Joy (Schöpfer*innen), Evan Rachel Wood, Jeffrey Wright, Thandie Newton, Ed Harris (Darsteller*innen)
Was: Serielle Re-Imagination des Buch- und Filmklassikers von Michael Crichton, in dem ein Vergnügungspark voller Roboter zu revoltieren beginnt.
Warum: Weil insbesondere die geniale erste Staffel faszinierende ethisch-moralische Fragen rund um Robotik, künstliche Intelligenz und Menschlichkeit stellt.

UPLOAD (USA, 2020 - )

Wo: Amazon Prime
Wer: Greg Daniels (Schöpfer), Robbie Amell, Andy Allo, Allegra Edwards (Darsteller*innen)
Was: Faszinierende Sci-Fi-Comedy, in der Menschen nach ihrem Tod eine Art „Second Life“ im virtuellen Raum führen, je nach Vermögensstand in ganz unterschiedlichen Klassen.
Warum: Weil wir nach dieser bis in jenseitige Konsequenzen weitergedachten Variante von Zuckerbergs Metaverse schon mal für das Leben nach dem Tod zu sparen beginnen dürfen.

STATION ELEVEN (USA, 2021)

Wo: Lionsgate+ (RIP), Amazon, Apple, etc. (kostenpflichtig)
Wer: Patrick Somerville (Schöpfer), Emily St. John Mandel (Autorin), Mackenzie Davis, Gael Garcia Bernal, Lori Petty (Darsteller*innen)
Was: Die phasenweise schon fast odyllisch-bukolisch wirkende Adaption des dystopischen Bestsellers, in dem eine postpandemische Welt von Shakespeare zusammengehalten wird.
Warum: Weil der pandemische Ausnahmezustand hier zeitgleich zur Covid-Krise für Entsetzen sorgen durfte, das „Sweet Hereafter“ selten poetischer in Bilder und Worte gekleidet wurde.

THE HANDMAID’S TALE (USA, 2017 - )

Wo: Magenta TV, Amazon Prime

Wer: Bruce Miller (Schöpfer), Margaret Atwood (Autorin), Elizabeth Moss, Joseph Fiennes, Yvonne Strahowski (Darsteller*innen)

Was: Serielle Adaption des dystopischen Atwood-Klassikers, in dem Frauen in einem religiös-fanatischen Zukunftsstaat als Gebärmaschinen gehalten werden.

Warum: Weil die Handlung bereits während der Ausstrahlung von den Schatten der Trump-Administration eingeholt zu werden drohte und die „Handmaidens“ seither zum Symbol für weltweiten Protest gegen Faschismus und Unterdrückung geworden sind.

ANNA (ITA, 2021)

Wo: Disney+ (ursprünglich Sky Italia, arte)
Wer: Niccolò Ammaniti (Schöpfer), Guilia Dragotto, Viviana Mocciaro, Alessandro Pecorella (Darsteller*innen)
Was: Auch hier verändert eine Pandemie das Leben auf der Erde: Sämtliche Erwachsenen müssen sterben, die verbliebenen Kinder um ihr Überleben kämpfen.
Warum: Weil pandemische Dystopien aktuell besonders gefragt sind, diese hier auf fast märchenhafte Art und Weise auch für ein etwas jüngeres Publikum greif- und verstehbar wird.